HEIMAT IST DA, WO EIN SPEZIELLES GEFÜHL IST

Veranstaltung DIGGA – auf dem Land leben nur Macher?!

Neue Konzepte, erfrischende Ideen, die in die Zukunft tragen und der Gemeinschaft speziell im ländlichen Bereich dienen, dafür stehen alle Heimatunternehmer in Bayern.

Unter dem bewusst provokanten Titel „DIGGA – auf dem Land leben nur Macher?!“ organisierten die Heimatunternehmer Bayerische Rhön e.V. am Mittwoch, 22.03. eine Veranstaltung mit dem Aufruf zum aktiven Austausch. In Kooperation mit dem bayerischen Landesverein für Heimatpflege e.V. gelang ein informativer und inspirierender Abend im wunderbaren “Haus für alle“ in Langenleiten/Sandberg.
Als Moderator fungierte Dr. Rudolf Neumaier. Seine Kollegin Dr. Daniela Sandner startete die Podiumsdiskussion vor ca. 50 Interessierten mit ihrem kulturhistorischen und teils philosophischen Impulsvortrag zum Thema „Was ist Heimat?“  Für jede/n natürlich etwas anderes und für viele doch in erster Linie:  ein Gefühl. Mit auf dem Podium saßen die freischaffende bildende Künstlerin und HU Mitglied Sabine Bach, die sich vor drei Jahren nach 37 Jahren mit Stationen im In- und Ausland wieder in ihrer Rhöner Heimat niedergelassen hat. Ihr Gefühl von Heimat hat mit den vertrauten Codes zu tun. Der Steinacher Musiker und Außendienstmitarbeiter einer regional ansässigen Brauerei, Christian „Zinnus,“ Zinn empfindet Heimat ambivalent. Zusammengefasst: Regen, Nebel, Schnee und wenn man aus dem Fenster sieht: grün. Er appelliert an die Eigenverantwortung und Eigeninitiative aller Bürger auf dem Land, gleich welchen Alters. „Von allein kommt nichts, man muss auch etwas dafür tun.“ Für Mario Götz, Bürgermeister aus Oberthulba als Podiumsteilnehmer aus der Politik, gehören die Region, die Menschen, die Tradition, der Dialekt, also verschiedene Parameter zum Gefühl von Heimat.

Aber wie denken junge Menschen darüber? Jakob Stock von der Katholischen Landjugendbewegung (KLJB) präsentierte die KLJB Studie STADT.LAND.WO? Was die (Land-) Jugend treibt (zu bestellen über die KLJB-Webseite) und deren wichtigste Ergebnisse. Auch wenn die Studie nicht repräsentativ ist, zeigt sie doch Tendenzen im Verhalten der Jugendlichen im ländlichen Raum. Von Landflucht kann da keine Rede sein. Es ist in erster Linie der Faktor Studium/Ausbildung, der junge Menschen dazu bewegt, die Heimat zu verlassen. Ein Großteil möchte nach der Schulausbildung gerne in der Region bleiben und einen möglichst nahen Ausbildungs-/Studienplatz finden. Dies bestätigten im Großen und Ganzen auch Merle und Julian im Interview mit Dr. Rudolf Neumaier. Die beiden sind 15 Jahre alt, Schulsprecherin/Schulsprecher aus Bad Neustadt, die von ihrem Klassenlehrer zu der Veranstaltung mitgenommen wurden. Sie leben gerne hier auf dem Land, sind unterschiedlich engagiert, wollen aber auch beide nach der Schule gerne zur Ausbildung woanders hingehen. Während Merle sicher wiederkommen möchte, hält sich Julian das noch offen: In jedem Fall erst einmal weg. Aus der Sicht der beiden fehlen heute Räume und Plätze als Treff- und Veranstaltungspunkt für die Jugend. Sie sehen andererseits auch, was schon positiv ist und dass es z.B. immer mehr Veranstaltungen für ihre Altersgruppe gibt.
Im Publikum saßen regionale Vertreter:innen aus Politik, Industrie, von Banken und aus Mittelstandsunternehmen und hörten gespannt, was die beiden jungen Menschen zu sagen hatten, denn darum ging es ja explizit an diesem Abend. Man kann sagen, dass die Bereitschaft, hier zu bleiben und/oder wiederzukommen grundsätzlich da ist, die äußeren Umstände zwingen den einen oder die andere allerdings zunächst zum Aufbruch.
An einem solchen Abend kann man natürlich nicht alle anhängigen Themen tiefgründig erörtern, geschweige denn lösen, aber man kann Ansätze diskutieren. Klar ist, das alles geht nur im Dialog mit den Jugendlichen. Nur so können die drängendsten Probleme, wie u.a. Treffpunkte, Räumlichkeiten für Jugendliche, (bezahlbarer) Wohnraum für junge Erwachsene, ÖPNV, politische Teilhabe, überhaupt definiert werden. Dass etwas passieren muss, ist allen bewusst und beim späteren Get-together wurde noch lange in wechselnden Gruppen besprochen, welche Lösungen schon vorhanden sind, welche Ideen bereits existieren. Ein Abend für die Heimat, für die Menschen in ihrer Heimat und im ländlichen Raum, der lebenswert und innovativ sein kann, auch für junge Menschen. Wenn wir alle, die hier leben gemeinsam etwas bewegen wollen.
Es gibt noch einiges zu tun. Unter anderem im Austausch bleiben, eine gemeinsame Sprache sprechen oder die Sprachen generationsübergreifend verstehen lernen.
Dann versteht Digga, dass auf dem Land eben Macher:innen leben!
Und die Bläsersektion der Sandberger Musikanten brachte es mit ihren Einlagen zünftig auf den Punkt: Heimat kann auch da sein, wo die Musi spielt😊