Verena Göpfert und Marc Trum: Der Berg rief

Eines hat sich Marc Trum geschworen: Niemals Gastronom werden. Seit 17 Jahren führt er dennoch mit seiner Frau Verena Göpfert die Gemündener Hütte unterhalb vom Kloster Kreuzberg. Wie konnte es soweit kommen?  

„Vier Wochen haben mir viele Freunde und Bekannte gegeben. Maximal“ erzählt Verena Göpfert heute. „Fast alle Men-schen um mich herum zweifelten an dem, was ich vorhatte. Beweisen wollte ich trotzdem niemandem was. Ich hab‘ mein Ding gemacht.“

Es war der September 2003. Marc war noch bei der Bundeswehr und Verena kam gerade aus Mallorca zurück. Als gelernte Reiseverkehrskauffrau arbeitete 

sie ein Jahr als Reiseleiterin in Spanien. Jetzt war sie wieder in der Rhön. Was nun? 

Ein Nine-to-five-Job im Büro — für viele ein absoluter Traum – war für Verena undenkbar. Sie hatte keine Idee und keine Vision. Verena hatte einfach nur Lust, die Gemündener Hütte – eine urige Wanderhütte Baujahr 1953 — zu bewirtschaften und schloss einfach die Tür auf. Ohne Prognose und schon gar nicht mit einem Businessplan. „Ich war damals 23 Jahre alt und wollte einfach etwas machen, das mir Spaß macht.“ Der Berg rief.

„Ich dachte mir: Hopp, wir schließen einfach mal auf und fangen an. Der erste Tag war komplett verregnet und es verirrten sich fünf Wanderer zur Hütte. Ich war trotzdem total glücklich. Besser als gar keiner.“ 

Zehn Jahre ohne Wasser und Strom 

Verenas Optimismus ist mitreißend. Wenn sie von ihrem Werdegang erzählt, dann lacht sie oft lauthals und kommt von einem Thema ins nächste. Sie ist ein leidenschaftliches Bündel voller positiver Energie. Sie redet schnell und ihre Worte überschlagen sich. 

Manchmal schlägt sie aber auch die Hände über ihrem Kopf zusammen, wenn sie sich an die Anfangsphase ihrer Unternehmung erinnert. „Wir hatten keinen Strom und nur eine kleine Quellwasserversorgung. Der Kaffee wurde mit der Hand gebrüht. Im Winter mussten wir oftmals mit dem Motorschlitten oder mit Skiern alles zum Berg hochschaffen. Trotzdem haben wir es immer irgendwie hinbekommen. Wir waren keine Unternehmer und schon gar nicht Gastronomen. Aber das, was wir tun, hat sich immer mehr rumgesprochen und wir sind langsam, Stück für Stück, in unsere Aufgaben hineingewachsen.“ 

Marc ist – im Vergleich zu Verena – ein ruhigerer Typ und sehr besonnen. Er vervollständigt Verenas Sätze und hat immer die passenden Worte parat. Gastronom werden wollte er nie. Das hatte er sich mal geschworen. Als er jedoch anfing, mit Verena die Gemündener Hütte so zu führen, wie sie es sich als Gäste wün-schen, konnte sich Marc nichts Schöneres vorstellen. Er sieht sich selbst nicht als Gastronom oder Manager, er sieht sich als Hüttenwirt und will auch nichts anderes sein. Er macht sich Gedanken, wie er zusammen mit seiner Frau sukzessiv das Bestehende noch in kleinen Schritten verbessern kann. Sobald die beiden unter vier Augen sind, überlegen sie ge-meinsam den nächsten Schritt, die näch-ste Verbesserung. Hier noch ein kleines Regal für die Bierkisten, da das Baum-schneiden für ein besseres Panorama. „Mehr nicht. Ein Leben in der Lage“, sagt Marc. Das ist offenbar das Geheimnis hinter den beiden. 

Wenn man heute an der Gemündener Hütte steht, dann sieht man eine liebevoll entstandene Berghütte – mit viel Holz, Details und Sitzgelegenheiten. Man sieht das 2013 errichtete Block-haus für Übernachtungsgäste und eine wunderschöne Aussicht in die Rhön. Alles nach und nach gewachsen. 

Bei allem, was die beiden bisher ge-schaffen haben, fingen sie erst einmal an und justierten dann nach. Die Renovierungen kamen stets nach den Eröff-nungen. Mal sehen wie’s läuft. 

Etwa so: Kurz vor Wintereinbruch errich-teten die beiden für eine Übergangslösung eine kleine Holzhütte, um die Anzahl der warmen Sitzplätze kurzfristig zu erhöhen. Diese Übergangslösung ist nun seit über 15 Jahren fester Bestand-teil auf dem Berg. Der Holzofen im Eck sorgt seitdem für heimeliges Hütten-flair.

 

Vorzeige Alm in der Rhön

Aus Verenas Aufschließen ist eine Vorzeige-Alm geworden. Aus den fünf Gästen vom ersten Öffnungstag entwickel-

te sich die alte Wanderhütte zu einer der gastronomischen Leuchttürme der Region. Ein Magnet für Wanderer, Fahrradfahrer und Touristen.

Doch bei all den Besucheranstürmen –vor allem sonntags, zu den Hütten-abenden oder zum Hüttenfest – woll-ten die beiden das bleiben, was sie sind. Betreiber einer Berghütte. „Wir hätten auch eine große Industrieküche einbauen können, mit einem SB-Bereich aus Edelstahl wie in den Alpen. Aber das wollten wir nicht. Zu groß, zu unpersönlich“, sagt Verena.

Stattdessen packten sie ein Projekt nach dem anderen an und erwarben 2017 die Haflinger Alm, nur wenige Meter unterhalb der Gemündener Hütte. „Das alte Gasthaus musste eigentlich kernsaniert werden und wir haben uns auch beim Umbau einen Raum nach dem anderen angesehen. Die Toiletten wurden herausgerissen, dort erhellt nun eine Panoramafront den Lebensraum des Ferienhauses. „Wenn wir Urlaub in der Rhön machen würden, dann so“, sagt Marc. Genau nach diesem Ansatz haben wir, exakt nach unseren Vorstellungen das alte Gebäude umgebaut.“ Aus dem alten Gastraum wurde eine Ferienhütte, die in der Rhön einzigartig ist. Seit zwei Jahren ist die Haflinger Alm nun fast durchgehend ausgebucht. Manche Gäste buchen drei Jahre im Voraus. So ist derzeit der Stand der Dinge.

Die Leidenschaft für die Gastfreundschaft

Aufhören? Stillstand? Für die beiden undenkbar. Das nächste Projekt steht schon in den Startlöchern. Marc und Verena wollen ein weiteres, kleines Ferienhaus umbauen und das Hotel von Marcs Eltern renovieren und modernisieren. Verena strahlt vor Freude, wenn sie von diesen Projekten spricht. Sie sieht dabei nicht die Arbeit und den Kraftakt. „Endlich wieder einrichten und gestalten. Endlich wieder loslegen. Weiterentwickeln.“

Vielleicht ist es die Leichtigkeit, wie die beiden an ihre Projekte herangehen. Viel-leicht ist es auch das blinde Verständnis der beiden als Paar. In jedem Fall tun sie das, was ihnen Spaß macht. Das merkt man. Es ist die Leidenschaft für die Gast-freundschaft.

„Ich arbeite doch nicht auf die Rente zu“, sagt der 45-jährige Marc. „Mit 65 will ich noch lange nicht aufhören. 

Warum auch?

Gemündener Hütte

Kreuzberg 22
97653 Bischofsheim – Rhön
Tel. 09772 – 93 0 2890
info@gemuendener-huette.de
www.gemuendener-huette.de