Die Landwirtschaft in Bayern stand zuletzt öfter im Fokus gesellschaftlicher Diskussionen. In Zeiten, in denen das neue Tierwohl-Siegel in Deutschland für Aufruhr und Empörung sorgt und das Volksbegehren zum Artenschutz heiß diskutiert wurde, geht der Biohof, der heuer sein 30. „Bio-Jahr“ bestreitet, einfach unbeirrt seinen eigenen Weg. Und damit weit über die Vorschriften der ökologischen Landwirtschaft hinaus. Wie wollen wir leben und woher sollen wir unsere Produkte beziehen? Diese Fragen stellen sich derzeit viele Verbraucher. Wer dem Biohof May einen Besuch abstattet, für den ist die Antwort klar. So.
An der Stelle, an der der prämierte Neubau mit einem Abferkelstall mit 16 Buchten, dem Wartesauenstall mit 10 Buchten und ein Lagergebäude für Stroh und Mist nun steht, lag nach einem Großbrand im November 2015 alles in Schutt und Asche. Wer sich an die Bilder von damals erinnert, wird es nicht glauben können.
Doch was macht den Schweinestall so besonders, dass er solch einen Preis verdient?
„Unser Eber Boris Decker, wie wir ihn nennen, residiert quasi in einem Souterrain – besser: Sauterrain-Anwesen“, lacht Biobauer Dietmar May. Denn die Rückwände des Schweinestalls wurden in einer Tiefe von 1,80 Metern in den Hang gebaut. Das sorgt für kühles Klima im Sommer und angenehme Temperaturen im Winter. Sowohl die beiden Ställe als auch die Lagerhalle wurden komplett in Holzrahmenbauweise errichtet. Alles aus unbehandeltem und zertifiziertem Holz – auch die Fenster. Die Bauarbeiter mussten bei der Errichtung mehrfach nachfragen, ob die Bestellung des Holzes nicht doch ein Versehen gewesen sei. Nein, war es nicht.
Die Dächer sind für die Bienen begrünt. Eines ist sogar mit einer Aussichtsplattform ausgestattet. Zur Erinnerung: Es handelt sich dabei um einen Schweinestall und nicht um ein Mehrfamilienhaus für Menschen.
„Wir haben uns nie an Richtlinien orientiert, sondern immer daran was sinnvoll ist für Mensch und Tier. Dass dies aber dann zu diesem Preis führt, damit haben wir nicht gerechnet“, freut sich Christian bei der Preisverleihung in Berlin. „Wir sind keine Umweltschützer, wir sind vernünftig denkende Menschen“, pflichtet ihm seine Frau Rebekka bei.
Bei der festlichen Verleihung zeigte sich auch die Ministerin Julia Klöckner beeindruckt von dem Neubau, der nicht nur funktionell, sondern auch architektonisch sehenswert ist. „Die sorgfältige Planung und Umsetzung legt eindrückliches Zeugnis davon ab, dass auch kleinere Familienbetriebe eine vielversprechende Zukunft haben können. Die Einbindung der Gebäude in die Landschaft wird für den Betrieb wie auch für den Ort eine positive Entwicklung anstoßen,“ begründete die Fachjury die Auszeichnung.
Nach all dem Leid nach dem Brand, all der Denk- und Muskelarbeit bei der Planung des Großprojekts und all dem Schweiß bei der Errichtung des Neubaus, ist der renommierte Preis für die ganze Familie Belohnung, Anerkennung und vor allem eines: Ansporn, genau diesen eingeschlagenen Weg weiterzugehen.
Nach der Preisverleihung ging es zügig zurück in die Rhön. Boris, die anderen Schweine und Mutter Klara May warteten schon zu Hause – auf den Rest der Familie und natürlich auf den Preis. In Berlin konnten Klara, Boris und Co. nicht dabei sein, sie hüteten Haus und Stall. Für sie gab es aber auch ein Festmahl: Äpfel, Kürbisse und ein paar Karotten. Saulecker!
– Markus Büttner –
Erschienen in der Zeitung Rhön und Saale Post am 14.02.2019 unter “Boris Decker” und seine perfekte “Sauterrain-Wohnung”