Projekt direkt – Franzis stille Revolution

Mit ihrem „Projekt Direkt“ in Nüdlingen hat sich Franzika
Thomas keinen Traum erfüllt. Der Unverpackt-Laden ist mehr das Ergebnis von Vernunft und Verstand. Ihr Leben ist ein einziger Kontrast. Über eine stille Revoluzzerin und eine schüchterne Rampensau.

Franzi Thomas steht im Nüdlinger Unverpackt-Laden und spricht darüber, als wäre es das Normalste der Welt. Schließlich ist es das auch für sie. Was bisher nur in Großstädten bekannt und erfolgreich war, gibt es nun auch am Bauernhof im Landkreis Bad Kissingen. Dabei war die Großstadt für Franzi nicht das Vorbild, sondern einfach nur der ge-sunde Menschenverstand. Der Laden ist die Schlussfolgerung ihrer Denkweise – ihre Lebenseinstellung konsequent in die Tat umgesetzt. Franzis Handeln lässt sich auf „Sehen -Denken – Handeln“ herunter-brechen.

Vor ein paar Jahren stellte sie fest, dass es in Nüdlingen keine Eier von Hühnern zu kaufen gab, die so gehalten wurden, dass sie es zufrieden stellte. Sie befass-te sich mit dem Problem und änderte es. Mittlerweile kümmert sie sich um 350 Hühner in fünf Hühnermobilen. Ein umfunktionierter Bauwagen war der Anfang. Die Hühner sind selbstverständ-lich im Freien und bekommen Platz, Luft und Sonne. Besser geht’s in ihren Augen nicht. Franzi war zufrieden. So fing das mit den Hühnern an.

Hanföl und Quinoa aus Nüdlingen

Sie stellte fest, dass es keinen Einkaufs-laden in der Umgebung gibt, in dem man vielfältige, ökologische und vor allem re-gionale Produkte kaufen kann. Seit zwei Jahren führt sie nun „Projekt Direkt“. So einfach lief das mit dem Unverpackt-La-den der besonderen Art in Nüdlingen. So lief das aber auch mit ihrem Hanföl und ihren Nudeln, mit Quinoa, mit Amaranth und mit dem Eierkühlschrank. So lief das auch mit ihrem Müsli und so wird es ver-mutlich auch beim Eis laufen. So lief das eigentlich immer bei Franzi. „Wenn ich ein Produkt kaufe, dann löse ich ja etwas aus. Ich sehe den Müll und die Transportwege. Ich stelle mir die Produktionsbedingungen und die Tier-haltung vor und stelle fest: Hinter vielen Produkten steckt ein Problem – gerade in der Landwirtschaft. Nun habe ich die Möglichkeit zu nörgeln, zu klagen und zu schimpfen – oder etwas zu ändern.“

Doch Franzi ist nicht die Rampensau, die sie vielleicht zu sein scheint. Sie ist anders als ihr Vater Eddi. Nicht das Organisationstalent für das sie viele gerne halten. Sie will eher im Stillen Ihr Umfeld überzeugen und zum Nachdenken anre-gen. Sie will sprechen und die Geschichten hinter den Produkten vermitteln. „Ich erzähle gerne, was ich mache und auch warum. Ich kläre gerne auf, was hinter einem Ei und in einer Nudel steckt, was ein Landwirt produziert und warum es eine echte und ehrliche Arbeit ist.“

Aus dem sterilen Labor in den Hühnerstall

Das was Franzi tut, das macht sie mit vollster Überzeugung und Leidenschaft. Doch all diese Projekte macht sie in der Freizeit. Franzis „Hauptberuf“ könnte zur Landwirtschaft nicht gegensätzlicher sein. Die gelernte Lebensmitteltechno-login arbeitet Vollzeit in einem Labor für Sterilproben. 38,5 Stunden in der Woche. Danach geht sie zum Bauernhof ihrer El-tern und macht ihr Ding. Sie macht sich die Hände im Hühnerstall oder auf dem Acker schmutzig, packt Nudeln ab und röstet Müsli. Sie recherchiert und küm-mert sich um den Laden. Oftmals bis Mitternacht und länger. Das alles macht ihr nichts aus. „Ich habe es schon immer geliebt, schmutzige Hände zu haben. Das, was ich am Hof mache, ist mein Leben.“

Die Revolution durch die Hintertür

Während Vater Eddi und Bruder Julian die großen Äcker mit noch größeren Maschinen bestellen, begnügt sich Franzi mit weniger Fläche. „Ich will keinen riesengroßen Bauernhof haben. Ich will als Hobby und in meiner Freizeit einfach nur klug wirtschaften, damit alles im Kreislauf ist. Dabei bin ich immer auf der Suche nach Neuem. Denn wenn ich was erreicht habe, wie mit dem Unverpackt-Laden, dann will ich noch mehr. Nicht mehr Umsatz. Ich will die Leute noch mehr erreichen, noch nachhaltiger wirtschaften und den Menschen die Möglichkeit geben, gute Sachen einkaufen zu können.“ Ganz alleine tut und schafft sie das alles natürlich nicht. Ihr Freund Alexander, selbst in der Landwirtschaft erfahren, setzt mit ihr jede Idee um und unterstützt sie bei allen Projekten. Der Laden, die Hühner und der Hof sind ihr Hobby, mit dem sie Stück für Stück ihre Kunden überzeugen möchte. Franzis Revolution kommt eher durch die Hintertür. Sie grinst: „Selbstverständlich haben wir un-sere Produkte auch schon fertig abgepackt. Das sollen und dürfen die Kunden natürlich auch kaufen. Aber wenigstens haben sie dann ein biß-chen schlechtes Gewissen, dass sie wieder mal ihre Gläser daheim gelassen haben.“

KONTAKT

Projekt Direkt Brunngasse 11
97720 Nüdlingen
franzi@projekt-direkt.de
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